Keine Konstanz, muss Reichen - Au!
Jetzt hat der Camp-Goo etwas Pause. Auf dem Campingplatz
muss ich Kurtaxe zahlen und erhalte eine Gästekarte.
Die berechtigt zur
freien Fahrt im ÖPNV im Konstanzer Land. Also geht es heute mit der Bahn
nach Konstanz.
Fahrzeit etwa 10 Minuten und ich bin zentral in der Stadt.
Nämlich am neugotischen Hauptbahnhof von 1863. Gleich dahinter liegt der Hafen.
In diesem Gebäude am Hafen, heute ein Restaurant, wurde von 1414 bis 1418 während des Konzils von
Konstanz hauptsächlich getagt.
Wie sicher jeder noch in Erinnerung hat, ging es dabei
um die Spaltung der katholischen Kirche mit zwei Gegenpäpsten (in Avignon
und Pisa).
Es endete mit der Wahl eines neuen Papstes und die Spaltung
war beendet. Die einzige Papstwahl in Deutschland!
Das weitere Ziel, zur Erneuerung der katholischen Kirche
beizutragen, wurde dagegen nicht angegangen.
Das Problem mit dem
Reformator Johannes Hus erledigte man, indem man ihn zum Konzil einlud unter
Zusage des freien Geleits.
Dann veranstaltete man extra ein Freudenfeuer
für ihn. Er erhielt sogar den Ehrenplatz: mitten drin. Mehr kann man ja wohl
kaum erarten!
Hus gilt vielen als Wegbereiter Martin
Luthers (der ja auch daraus lernte und sich heimlich aus Worms entfernte).
Hus ist übrigens bis heute von der katholischen Kirche noch nicht
rehabilitiert worden.
Bei Galileo ging das schneller: von 1641 (er starb
eines natürlichen Todes, allerdings unter Hausarrest) bis 1992.
Die Stadt
Konstanz feiert jedenfalls vier Jahre lang das 600 jährige Jubiläum des
Konzils, ehrt aber auch Hus mit Gedenkstein, Museum und Straßennamen.
Das ist wohl das mittlerweile als Wahrzeichen von Konstanz anerkannte
Standbild der Imperia,
wie sie Peter Lenk (schon wieder) gesehen hat.
Egal, von wo man Aufnahmen von ihr sieht, sie blickt einen immer direkt an.
Das liegt an der Drehvorrichtung unter ihr.
Früher galt das Münster unserer lieben Frau als Wahrzeichen.
Es stammt
von 1089 und spielte natürlich während des vierjährigen Konzils eine große
Rolle.
Hier saßen natürlich alle Abgeordneten regelmäßig und beteten für den richtigen Glauben, also ihren eigenen.
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Jetzt reicht es aber mit dem
kirchlichen Aspekt. Das ehemalige Zunfthaus der Leinweber wurde 1593
erbaut.
Heute ist es Teil des Rathauses der Stadt. Die Bilder von 1864
stellen Personen und Szenen der Stadtgeschichte dar.
Es gibt noch einige bemalte Häuser wie dieses Hotel Zeppelin (früher: zum deutschen Haus).
Dieses im 14. Jh. erbaute Schnetztor war natürlich Teil der Stadtbefestigung. Es sieht aus wie ein Fachwerkgebäude.
Aber von der Außenseite erkennt man den soliden Steinbau.
Daneben steht
die alte Apotheke, offensichtlich bereits vor die Mauer gebaut.
Richtung Rhein steht der Rheintorturm, der früher den Zugang von der Rheinseite kontrollierte.
Nicht weit davon entfernt steht der Pulverturm, manchmal auch Judenturm
benannt.
Er steht für mich symbolisch für den Umgang mit Juden im
Mittelalter:
Seinen Zweitnamen erhielt er, weil jede Bevölkerungsgruppe
ihren Anteil an der Stadtbefestigung leisten musste.
Deshalb haben ihn
die Juden 1250 erbaut. So weit, so normal.
Zwei Jahre nach dem Konzil
wurden hier alle männlichen Juden für 40 Wochen eingesperrt, bis sie aus
der Gefangenschaft heraus
20 000 Gulden zusammengebracht haben. Dieses
Geld brauchte die Stadt, um ihre Schulden durch das Konzil zu begleichen.
Bezahlt haben also die Juden das Konzil. Danach wurden sie aus der Stadt
geworfen. Es geht doch nichts über Gastfreundschaft!
Der Konstanzer Triumphbogen auf der Mittelspur der viel befahrenen Unteren
Laube ist - schon wieder - ein Werk von Peter Lenk.
Auf dem Bogen nimmt
er den Autowahn auf den Arm.
Und unter dem Bogen stehen skurille Alltagssituationen. Solche Typen kann man ja in jedem Bad sehen.
Auf dem anderen Rheinufer kann man viele Jugendstilhäuser aus der (vorletzten) Jahrhundertwende sehen.
Auch das Constanzer Wirtshaus sieht einladend aus.
Übrigens, wer es noch nicht gewusst hat. In Konstanz verlässt der Rhein
den Bodensee.
Ich stehe also auf der Rheinbrücke und blicke in Richtung
des Obersees, also des Hauptteils des Bodensees.
Im Hintergrund ist
verschwommen zu erkennen. dass dort die Alpen bei Bregenz sein müssen, den
Pfänder erkenne ich nicht.
Allerdings ergießt der Rhein sich gleich danach
wieder in den Untersee, um dann endgültig bei Stein am Rhein den Bodensee
zu verlassen.
Nach der anstrengenden 3 1/2 stündigen Wanderung durch Konstanz erhole ich mich etwas im SeaLife.
Als Sonderthema haben die für dieses Jahr Pinguine ausgewählt und deshalb einige Eselspinguine ausgestellt.
Ansonsten gibt es das Übliche wie die roten Piranhas.
Oder den hellfleckigen Rochen.
Und nun auf halbem Weg zurück nach Allensbach, denn dort ist die
Bahnstation Reichenau.
Man kann jetzt mit dem Bus fahren, der in 30
Minuten kommt, oder den Weg zu Fuß gehen.
Da ich einen der beiden Wege durch das Wollmatinger Ried ohnehin wandern wollte,
nehme ich eben den Hinweg.
Leicht verschätzt, bis zur Insel Reichenau
sind es noch 4 Kilometer. Und die Insel selbst ist noch länger!
Das ist also das
Wolmatiner Ried, 4 km Schilfgürtel mit einigen Erläuterungstafeln am Rand.
Der größte Teil des Weges ist aufgeschüttet, wodurch die Insel
Landanbindung erhielt.
Man kommt an der Burgruine Schopflen vorbei, auf der der Nabu eine
Aussichtsplattform errichtet hat.
Vogelkundler kommen hier wohl voll
auf ihre Kosten.
Reichenau ist landwirtschaftlich geprägt. Der Boden verrät einiges.
Während der Bodensee von den früheren Eiszeiten ausgebaggert wurde, hat
der letzte Eiszeitgletscher hier sein Ende gefunden.
Die Endmoräne
baute unter anderem die heutige Reichenau auf.
Den
fruchtbaren Boden nutzen Mönche, die die ganze Insel in Besitz nahmen.
Deren Wirken in der Umgebung war Anlass, die ganze Insel zum Unesco-Welterbe
zu erklären.
Die Georgskirche ist eines ihrer sakralen Bauwerke. Man beachte die
Blumenwiese davor. Eine Samentüte davon kann man in der Inselmitte kaufen.
Als Teil des Klosters kann man hier das Münster St. Maria und Markus sehen.
Und das ist die gesamte Klosteranlage.
In diesem Gebäude ist heute das Reichenau-Museum untergebracht. Früher war es das Rathaus.
Ich finde ja, der Bürgermeister hat heute mehr Platz im neuen Rathaus, aber das alte Rathaus sah angenehmer aus.
Auf dem Ergat, dem zentralen Versammlungsplatz steht diese 700-jährige Linde.
Ich würde sagen, sie hat schon einiges durchgemacht.
Da hier am Platz
auch die Bushaltestelle ist, besuche ich nicht mehr die Peter und Paul
Kirche in 2 km,
sondern beende meinen Ausflug und fahre zurück. Es
reicht tatsächlich.
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