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Abschluss-Anmerkungen

Impressum

Spurensuche

Wir befinden uns im Jahre 1767 n. Chr. In Mecklenburg wird ein neuer Erdenbürger begrüßt.
In ganz Mecklenburg? Nein, sondern im kleinen Städtchen Güstrow. Er erhielt von seinen Eltern den Namen Isaac Daniel.
Wie (wohl auch) seine Eltern wurde er als Schutzjude in die Stadt aufgenommen. Schutzjude bedeutet, er bezahlte an die Stadt
einen festgelegten Betrag, dafür durfte er dort einem bestimmten Gewerbe (er war "Produktenhändler") nachgehen
und unterstand dem städtischen Schutz, der in Mecklenburg tatsächlich etwas wert war.

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot ausging in Form der „Landesherrlichen Constitution zur Bestimmung einer
angemessenen Verfassung der jüdischen Glaubensgenossen in den herzoglichen Landen vom 22. Februar 1813“,
dass auch alle Juden sich einen Nachnamen zuzulegen hatten, den sie aber selbst bestimmen durften.
Da machte sich auch auf Isaac Daniel aus Güstrow, sich Gedanken zu machen und legte sich den Namen "Brackenheim" zu.
Er selbst veränderte später den Namen und machte aus dem ck ein g. Mein Nachname war geboren.
Diese Namensgebung wurde natürlich auch auf seine Frau Rebecca Moses (*1777 in Jochimsthal) und seine Kinder übertragen.
Sein viertes Kind Israel Meyer Bragenheim übertrug diesen Nachnamen dann weiter bis zu mir.
Für Bernd Höcke und die übrigen Nicht-Rassisten sei angefügt, dass aus der vierten Generation der Bragenheims mein Großvater Max
1919 zur Heirat mit meiner Oma zum ev. luth. Glauben übertrat. Also wenigstens meine Kinder werden nach damaligem Verständnis
als "Arier" anerkannt. Max selber nützte es nichts, er starb in Auschwitz.

Mehr weiß ich nicht über den einzigen Herrn Brackenheim/Bragenheim.
Aber diese Stadt, in der mehrere Generationen der Bragenheims geboren sind, kann ich mir ja mal näher ansehen!

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Das ist mein erster Eindruck von Güstrow. Der Marktplatz zeigt eine Ansammlung hübscher Häuser.

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Die Pfarrkirche St. Marien wurde nach dem Stadtbrand 1503 wesentlich erneuert, was sich bis Ende des 19. Jahrhunderts hinzog.
Weil sie auf dem Marktplatz steht, ging ich davon aus, dass es der Dom sein muss.
Deshalb fragte ich vergebens nach dem Schwebenden.
Aber in der Kirche gab es ein wenig Informationen über die Synagoge (siehe weiter hinten.)

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Die Marienkirche hat einen schönen Turm.
Nach nur 196 Stufen erreicht man die obere Aussicht über die Stadt.
Das ist die Kirche selbst, wie sie sich von da oben darstellt.

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Wenn man es hartnäckig versucht, findet man auch Möglichkeiten, ein Foto durch den Maschendraht aufzunehmen,
ohne zu viele dunkle Striche im Bild zu erhalten.
Der Turm im Vordergrund gehört zum alten Postgebäude.

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Und das ist das Rathaus der Stadt Güstrow.
Es ist aber kein Werk von Christo, sondern hier wird gearbeitet. Leider vor allem von Bauhandwerkern.
Denn das Rathaus ist nur Montags Vormittags geöffnet, da war ich noch unterwegs. Also kann ich keine Fragen zu einem Archiv stellen.
Wer Interesse hat, kann sich hier das Rathaus ansehen.



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Deshalb gehe ich weiter zum Dom.
Als Braunschweiger muss ich natürlich betonen, dass der Bau vom Enkel von Heinrich dem Löwen, Heinrich Borwin II, begonnen wurde.

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Und so sieht der Dom von innen aus.
Ja, ich habe meinen Obulus für die Foto-Erlaubnis entrichtet.

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Der Flügelaltar ist spätgotisch und wurde um 1500 erstellt.
Im Mittelteil die Kreuzigung kann man wohl selbst erkennen, die übrigen Darstellungen geben einen Einblick in den Leidensweg Jesus.

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Dieses Grabmal wurde aus weißem und schwarzem Marmor gefertigt.

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Am Bekanntesten ist natürlich der Schwebende von Ernst Barlach, einem Sohn der Stadt Güstrow.
Er soll das Gesicht von Käthe Kollwitz tragen, kann ich nicht beurteilen.
Dies ist nicht das Original, denn das haben die kleinen braunen Österreicher als entartet eingestuft und eingeschmolzen.
Es wurde 1952 ein Zweitguss angefertigt, der im Dom seine Heimat erhielt.

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Und neben dem Dom steht diese unscheinbare John-Brinckmann-Gymnasium.
Wenn ich so mit dem ASG WOB vergleiche....

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Güstrow hat auch ein Schloss, das in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand.

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Es ist schon ein repräsentativer Bau!

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Eigentlich muss man durch dieses Torhaus rein, aber ich wollte die Dauerausstellung nicht aufsuchen.

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Güstrow hatte eine Synagoge, die 1829 eingeweiht wurde.
Hier dürfte auch Isaac Daniel Bragenheim und seine Frau Rebecca nebst Kindern am Gottesdienst teilgenommen haben.
Und wenn ich die räumliche Verteilung im "Mittelalter" richtig verstanden habe, müssten sie auch hier in der Gegend gewohnt haben.

In der "Reichskristallnacht" am 9. November 1938 wurde sie wie viele andere Synagogen auch zerstört.
Die örtliche Presse beklagte sich danach darüber, dass die Synagoge einen großen Garten hatte, der die Aufräumarbeiten erschwerte.
Welch Unverschämtheit!

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Und so etwa soll sie ausgesehen haben, wie ich der Ausstellung in der Pfarrkirche St. Maria entnehmen konnte.
(Es ist sehr dunkel in der Kirche, ich hätte ein Stativ dabei haben müssen).

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Das ist das Amtsgericht.

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Aber diese Straße liegt völlig in einer anderen Ecke von Güstrow.

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Dafür spaddelt Mami Ente mit ihren Zwillis im Energiegraben der Stadt rum.

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Das letzte Bauwerk auf meinem Rundweg durch Güstrow ist dieses Torhaus, das also auf die ehemalige Stadtbefestigung zurückgeht.

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Ja, und dann habe ich noch einen speziellen Ort in der Nähe der Altstadt von Güstrow angelaufen:
Der ehemalige jüdische Friedhof ist auch fast völlig zerstört, nur dieser kleine Rest blieb erhalten:
Sieben Grabsteine und der Gedenkstein vorne links.

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Doch was ist das?
Rebecca Bragenheim hieß die Frau von Isaac Daniel. Und sie ist 1858 gestorben.
Dies ist also der Grabstein für meine Ur-Ur-Ur-Großmutter

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So sieht der ganze Grabstein insgesamt aus.

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Wenn man mal von der fehlenden Sonne absieht: Wer bemerkt den Unterschied?
Die kleinen Steine scheinen die Rolle von Blumen übernommen zu haben.
Ich habe im Namen aller meiner Kinder und Geschwister einen weiteren Stein hinzugefügt.


Auf der Rückseite stehen hebräische Schriftzeichen drauf, damit kann ich aber nichts anfangen.
Dimitri hat mir freundlicherweise eine Übersetzung besorgt, vielen Dank!:
"Hier liegt die tugendsame Frau, die Zierde ihres Mannes und Ruhm ihrer Söhne und der Söhne ihrer Söhne
und sie war eine bescheidene Frau, die Tochter des Verstorbenen Gedaliah Chaja, die am Mittwochabend,
dem ersten Tag Hol-Hamo’ed Pessach (Werktage zwischen den Festen Pessach und Sukkot) verstarb.
Sie wurde am folgenden Sonntag, am 20. Nissan beigesetzt im Jahr T.R.J.A. (1858). 20.Nissan (22.April) 1858"


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