Der Büttel vom Wolf?

Für meinen Seniorenverein habe ich damals auch eine Vorstellung von Wolfenbüttel erstellt, die ich jetzt also mal aktualisieren kann.
Einige Fotos stammen noch von damals, wenn sich also Blüten auf dem Bild befinden, kann man sich das damit erklären!

Direkt neben der Stadt von Heinrich dem Löwen steht also die Stadt von jemandem, der sich nen Wolf gelaufen hat?
Vermutlich im 10. Jahrhundert hat ein sächsischer Siedler (also kein Fürst oder so) namens Wulferus eine Siedlung (altdeutsch "bodal", Wulferis Buttle) an der Oker gegründet.
Hier gab es eine Furt, die in der sumpfigen Gegend für Pferdefuhrwerke der Handlungsreisenden unverzichtbar wurde, wodurch eine gesicherte Einnahmequelle den
Bestand der Siedlung garantierte.
(Erklärung von Büttel nach Wikipedia, für die Büttelei im Kreis Gifhorn (= etwa 50 Orte, die alle auf -büttel enden) habe ich diese Erklärung nicht gefunden!)
"1283 wurde Wolfenbüttel unter dem Welfen-Herzog Heinrich dem Wunderlichen zu einer Residenzfestung ausgebaut und 1500 ummauert.
Etwa ab 1430 war Wolfenbüttel zur ständigen Residenz der Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg geworden"



Wolfenbüttel liegt im Südosten von Braunschweig.
Das Wappen der Stadt ist aus Blumen komponiert am Stadtgraben zu bewundern - jedenfalls im Sommer.




Der Stadtgraben selbst lädt zu einem Spaziergang in der Natur direkt in der Stadt ein.



Die Fontäne und das Entenhaus sind jebenfalls einen Blick wert.



Am Okerwehr wird heute der Wasserstand des Flüsschens reguliert.



Später wurde die Oker auch für andere Zwecke genutzt, wie Schünemanns Mühle belegt.



Hier lag der Wasserantrieb der Mühle.



Auch Klein Venedig hat seinen besonderen Charme der Oker zu verdanken.



Hier hat im 16. Jahrhundert ein niederländischer Architekt ein Kanalsystem zum Entwässern der Stadt und zum Regulieren der Oker angelegt.



Langsam entwickelte sich die Siedlung von Wulferus weiter. Allerdings wurden auch zwei Mal Befestigungsanlagen von den Herrschern der Umgebung zerstört.
Von 1432 bis 1753 war Wolfenbüttel Residenz der Herzoge von Braunschweig/Wolfenbüttel.
Die Bedeutung der Stadt zu dieser Zeit spiegelt sich im Schloss wider, an dem namhafte Baumeister mitgewirkt haben.



Der Innenhof vom Schloss.



Das dekorative Portal des Schlosses. Rechts unten ist die Eulenspiegel-Plakette.



So präsentiert es sich in seiner Gesamtheit.



Hier merkt man, dass es als Wasserschloss angelegt war.



Dieser Stein am Schlosseingang weist darauf hin, dass auch Till Eulenspiegel hier zu Besuch weilte.
Ich habe aber keinen Streich gefunden, den man direkt mit Wolfenbüttel in Beziehung setzen könnte.



Kein Streich, sondern Realität: Das Schloss beherbergt heute neben den typischen Einrichtungen wie Museen usw. auch eines der drei Gymnasien der Stadt.
Weil die Schülerzahl ständig angestiegen ist, musste im Hinterhof 2012 ein neues Gebäude erbaut werden für Klassenräume, Fachräume, Mensa usw.



Wie die Stadt gegen Ende der Residenzzeit ausgesehen hat, zeigt dieses Modell in der Fußgängerzone.
Es enthält auch eine Beschriftung in Brailleschrift, damit sie auch von blinden Menschen verstanden werden kann.



Auch unterirdisch gab es rege Bautätigkeit, um die Sicherheit der Stadt gegen Angriffe zu gewährleisten.
Im Seeliger Park sind Teile der Kasematten freigelegt und können von Mai bis September an jedem 3. Freitag im Monat besichtigt werden.



Die Kasematten liegen in Wolfenbüttels Seeligerpark.



Über der Erde gleich neben den Kasematten steht die Villa Seeliger.
Der Park gehörte zur Banker-Familie Seeliger, bis er 1976 von der Stadt gekauft wurde und damit der Öffentlichkeit zugängig wurde.



Es ist diese Privatbank Seeliger, die auch heute noch in der City residiert.



Das Portal des Bankhauses.



Die Bank prägte ein wichtiges Motto der Wolfenbütteler: "Alles mit Bedacht".



Aus der Zeit als Residenzstadt stammt auch die 1572 gegründete Herzog August Bibliothek, die unter Herzog August zur größten europäischen Büchersammlung anwuchs
und auch heute noch international als Foschungsbibliothek einen guten Ruf hat.



Vor der Bibliothek steht die Sonnenuhr von Johann Friedrich Penther aus 1738, die 12 Sonnenuhren in drei Ebenen enthält.
Ursprünglich wurde sie für den Lustgarten in Wernigerode erbaut, jetzt steht sie in Wolfenbüttel.



Unter anderem beherbergt die Bibliothek das Original vom Evangeliar Heinrichs des Löwen. (hier nur eine Kopie aus dem Braunschweiger Dom)



Zwischen Schloss und Bibliothek steht dieses Gebäude. Es wurde 1777 dem damals schon seit acht Jahren hier tätigen Bibliothekar Gotthold Ephraim Lessing als Wohnung
zugewiesen und war sein Wohnhaus bis zu seinem Tode.
Natürlich enthält es heute viele Ausstellungsstücke über Lessing. Unter anderem ist dessen "Nathan der Weise" in diesen Räumen entstanden.

Das ist das Lessing-Denkmal, allerdings aus Braunschweig (Am Lessingpatz).    



Neben der Bibliothek steht heute das Bürger-Museum.



Hier ist heute das Denkmal für den Pionier des Comics aufgestellt: Wilhelm Busch. Ihn verband mit Wolfenbüttel, dass hier sein Bruder lebte und ein erfolgreicher Industrieller war.
Bei seinen Besuchen erstellte Busch einige Zeichnungen, die im Schloss ausgestellt waren.



Ebenfalls zur Bibliothek gehört heute der ehemalige Kornspeicher.



Das Zeughaus von 1613 diente als Waffenarsenal und als Kaserne. Es soll damals die größten Geschütze Deutschlands berherbergt haben.
Heute ist seine Ausrichtung wesentlich friedlicher, seit 1974 ist es Teil der Herzog August Bibliothek.



Wolfenbüttels Theater am Stadtgraben trägt den Namen des bedeutenden Sohnes der Stadt.
Im Lessingtheater werden aber nicht nur Stücke des Namenspatrons aufgeführt.



Zwei Kirchen sind in Wolfenbüttel besonders erwähnenswert.
Hier ist die Hauptkirche oder auch Marienkirche (Beatae Maria Virginis) von 1608 abgebildet.
In diesem Kirchenbau des Protestantismus sind Stilelemente der Gotik, der Renaissance und des Barocks vereinigt.



Die Trinitatiskirche von 1719 ist ebenfalls ein protestantischer Kirchenbau.
Sie wurde anstelle des alten, überflüssig gewordenen Kaisertores erbaut, dessen Reste noch im Innenraum zu sehen sind.



Wolfenbüttel versteht sich auch als Stadt der Gärtner, die die Stadt (vor allem natürlich die Herzoge und BS) ernährt haben.
Deshalb wurde vor der Trinitatiskirche ein Gärtnerdenkmal errichtet, neben dem auch Gartenpflanzen wie Mangold angebaut sind.

Vor allem aber ist Wolfenbüttel eine Stadt der Fachwerkhäuser. Gottlob gab es keine wesentlichen Kriegsschäden in Wolfenbüttel.
Im Nachfolgenden stelle ich einige Fachwerkhäuser vor:



Der Erker dieses Hauses ist imponierend.



In diesem Haus von 1620 residiert seit 1771 eine Apotheke.



Dieses Gebäude im Ackerhof ist das älteste datierte Fachwerkhaus der Stadt von 1432.



Und damit nichts vom Charakter der Stadt verblasst, werden auch weiterhin Häuser aufwändig restauriert.



Für Mieter mit einem sehr schmalen Geldbeutel empfiehlt sich dieses Haus, das das schmalste Haus in Wolfenbüttel ist.
Es wurde 1751 in einer ehemaligen Brandgasse erbaut. Zur Straßenseite kann man 2,20 m messen, zur Gartenseite verbreitert es sich auf 3,50 m.
Dennoch kommt es auf über 100 m² Wohnfläche und Garten!



Und so sehen ganze Straßenzüge in Wolfenbüttel aus. Zugegebenermaßen befinde ich mich hier am Markt.



Der große Marktplatz liegt natürlich in der Stadtmitte in der Fußgängerzone. Vor dem Rathaus steht auf dem Marktplatz das Standbild von Herzog August.



Eine Seite des Marktplatzes beherbergt in mehreren Häusern das Rathaus der Stadt. Hier scheint es viel zu raten zu geben oder kommt der Name eher vom Beraten?



Bildnis über einem Portal vom Rathaus.



Zum Abschluss meiner Ausführungen füge ich noch ein paar Bilder ohne Zusammenhang an:
Hier ist die alte Synagode zu sehen, die aus einer Stiftung für eine jüdische Religionsschule hervorgegangen ist.
Weil die alte Synagode im Laufe der Zeit zu wenig Platz bot, wurde in der Lessingstraße eine neue Synagode errichtet.
Dadurch blieb dieses Haus ín der Pogrom-Nacht verschont.



Auch in der Stadt Nathans des Weisen fiel die neue Synagode in der Nazi-Zeit einem Brandanschlag zum Opfer.
Daran und an die anderen antisemitischen Handlungen in dieser Zeit soll dieses Denkmal erinnern.



"Die Neue Kanzlei ist ein Bau im Stil der Spätrenaissance. Er entstand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Seit 1959 ist das Gebäude einer der vier Standorte des Braunschweigischen Landesmuseums.
Gezeigt wird eine Ausstellung zur Ur- und Frühgeschichte des Braunschweiger Landes."



Das ehemalige Wolfenbüttler Bahnhofsgebäude wurde von der Stadt übernommen.
Heute enthält es als Kulturbahnhof eine Bücherei, eine Veranstaltungshalle und ein asiatisches Restaurant.



Natürlich darf auch das nicht fehlen: Das Stammhaus der Familie Mast.
Der Herr mag einigen Leuten unbekannt sein. Bundesweite Bekanntheit unter Fußballfans bekam er, als er 1973 als Chef von Eintracht Braunschweig die Trikotwerbung in der
Bundesliga einführte. Wer erinnert sich noch an das Geschrei über den kleinen Hirschen mit dem Kreuz zwischen dem Geweih?



Zufälligerweise produziert dieser Herr Mast in Wolfenbüttel - jetzt mehr am Stadtrand - diesen Kräuterbitter, dessen Name in der Werbung nicht auftauchen durfte.
Waidmannsheil!


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