Nordhausen im Südharz
- und dann lag es auch noch in Ostdeutschland, aber ziemlich an der Westgrenze!
Gibt es noch mehr Himmelsrichtungen?
"Das 876 zum ersten Mal erwähnte Nordhusa wurde 929 als Nordhuse in
einer Schenkungsurkunde Heinrichs I. an seine Frau Königin Mathilde
genannt,
die hier 961 ein Damenstift einrichtete. Nordhausen war ab
1220 neben Mühlhausen eine von zwei freien Reichsstädten in Thüringen,
bis es 1803
infolge des Reichsdeputationshauptschlusses an Preußen
fiel. Zudem gehörte sie mit der heutigen Landeshauptstadt Erfurt und
Mühlhausen dem
Thüringer Dreistädtebund an. Im 15. Jahrhundert war
die Stadt Mitglied der Hanse."

Wegen des kuppigen Untergrundes gehören solche Treppen zum Stadtbild in
Nordhausen.
Diese Kuttelpforte wurde 1206 erstmals erwähnt.
Ihren Namen verdankt sie der Tatsache, dass die Fleischer die Eingeweide
(Kutteln) hierdurch im Mühlgraben entsorgten.
Die Treppe hat 74 Stufen mit zehn Absätzen. Gut, dass ich sie abstieg!

Sie ist die einzige Treppe, die noch durch eine Maueröffnung führt.

Das Badehaus wurde 1907 erbaut und besteht auch heute als Erlebnisbad.
Leider hatte ich keine Badehose dabei (und auch keine Zeit!).

Von 1238 bis 1526 existierte hier ein Kloster der Zisterzienserinnen,
Kloster Altendorf.
Eine Kirche St Maria im Tal war schon vorhanden,
als das Kloster von Wolfleben nach Nordhausen umzog.
Daher ist auch
dieser Name üblich. 1353 musste eine neue Kirche gebaut werden.

Um 1234 erhielt Friedrich II von seinem Vater den Auftrag, den neuen
Stadtteil "Hagen" anzulegen.
1498 wird als Datum an dieser Kirche
angegeben. Die unterschiedlichen Türme sind Folge eines Blitzschadens
1634.
Ich konnte zwar die Kirche betreten, aber nichts sehen, weil
darin eine Vorführung geprobt wurde, deren Kulissen alles überdeckten.

Vor der evangelischen Pfarrkirche steht eine Statue von Martin Luther.

Im Jahre 1866 wurde auf Iniative des Landrats Baron Eduard Wiprecht
Leopold von Davier das Landratsamt erbaut.
Es hat seine Aufgabe bis
heute erhalten.

Das Gebäude der Flohburg von 1473 beherbergt heute ein Museum zur
Stadtgeschichte.

Das ist der Dom zum heiligen Kreuz. Neben Erfurt die einzige Kirche
Thüringens, die sich Dom nennen kann.
961 wurde hier eine Kirche
gegründet, in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde
die Kirche derart umstrukturiert, dass bis heute keine
Spuren der alten
Kirche gefunden wurden.

Der Eingang heute.

Der Chor
mit dem Hochaltar von 1726.

Zwei Kirchenfenster

und zwei Seitenaltäre an der Nebenwand

Die Orgel von 1853 begleitete mich mit Musik während meines Rundgangs.

Ist das das heilige Kreuz?

Die Stadtmauer am Barfüßer Tor. In großen Abschnitten ist die Mauer auch heute
noch in der Stadt anzutreffen.

Das Alte Rathaus wurde zwischen 1608 und 1610 im Renaissancestil erbaut.
Zwischen 1608 und 1610 wurde der offene Arkadengang von mehreren
Kaufmagazinen genutzt und 1883 mit Fenstern versehen.

1411 wurde ein Roland erstmals erwähnt. Nach Bränden wurde
1717 ein Ersatz aus Eichenholz mit 3,20 m Höhe erstellt.
Der
nordhäuser Roland wird als Stammvater der hölzernen Rolande des
Südharzes angesehen.

Gegenüber vom alten Rathaus steht der Neubau von 1936.

Das Torhaus des Barfüßer-Klosters wurde 1667 erbaut und diente bis 1882
dem Totengräber vom dahinter gelegenen Spendenkirchhof als Wohnung.

Im Sommer 2022 fließt natürlich auch die Zorge spärlich. Über der
Betonplatte sind vielleicht 3 cm Wasser.

Nordhausen hat auch einen Gedenkstein für die im "3. Reich" "Anfang April 1945 wurde die
von Fachwerkhäusern geprägte Stadt
in der Stadt getöteten Juden. durch zwei Luftangriffe der Royal Air
Force zu drei Vierteln
zerstört; über 8800 Menschen starben,
Zehntausende wurden obdachlos."
Was kann denn damals in so einem verschlafenen Nest schon groß
passiert sein?

Jetzt bin ich in Nordhausen Dora. Und genieße den tollen Ausblick von
da.

Da liegt also Nordhausen. Nordhausen = MORDHAUSEN?

In meinem
Bericht über Konzentrationslager
hat der aufmerksame Leser sicher bemerkt, dass ein KZ zwar aufgeführt,
aber nicht dargestellt war.
"Britische Luftangriffe auf die
Produktionsstandorte der A4-Rakete (Aggregat 4) - von der NS-Propaganda als
Vergeltungswaffe 2 — »V2« — bezeichnet —
führten zur
Untertageverlagerung der Fabrikation in eine vorhandene Stollenanlage
bei Nordhausen im Südharz.
Im August 1943 gründete die SS das Lager
Dora, das zunächst dem KZ Buchenwald als Außenlager unterstellt war."
(Dora kommt von der deutschen Buchstabiertafel für den Buchstaben "D")
"Für den Ausbau der Stollenanlage im Kohnstein und die Serienproduktion
der Raketen deportierte die SS tausende KZ-Häftlinge aus anderen
Konzentrationslagern in das Lager Dora. In Ermangelung einer
Lagerinfrastruktur beging die SS-Lagerführung einen menschenverachtenden
Tabubruch
mit folgenschweren Auswirkungen für die Insassen: In den
ersten neun Monaten mussten Tausende in einem Häftlingslager im Stollen
leben und
arbeiten. Ohne Tageslicht, Frischluft sowie medizinische
und hygienische Versorgung, setzte unter den Häftlingen ein
Massensterben ein.
Ab Jahresbeginn 1944 startete die Produktion der
A4-Rakete im unterirdischen Werk der »Mittelwerk GmbH«.
Neben
deutschen Zivilangestellten arbeiteten hier über 5.000 KZ-Häftlinge in
der Endmontage der Rakete. Aufgrund der mangelnden Serienreife,
der
katastrophalen Arbeitsbedingungen für die KZ-Häftlinge und der
ungünstigen Produktionsbedingungen in der unterirdischen Fabrik wurde
nur
eine geringe Produktivität bei gleichzeitig hoher Ausschussquote
erreicht, sodass die realitätsfernen Zielvorgaben der NS-Führung nie
erfüllt werden
konnten. Die etwa 200 vorgefertigten Baugruppen der
A4-Rakete wurden von hunderten Zulieferbetrieben aus dem gesamten
Deutschen Reich in den
Südharz transportiert. Diese waren ihrerseits
von unzähligen Subunternehmen in ganz Europa abhängig. Dabei setzte fast
jedes dieser Unternehmen
Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in der
Fertigung ein.
Die Mehrheit der Insassen des KZ Mittelbau-Dora war
jedoch nicht in der Raketenproduktion, sondern auf Untertagebaustellen
und in
Rüstungsbetrieben der Umgebung zur Zwangsarbeit eingesetzt. Im
November 1944 wurde aus dem Buchenwalder Außenlager Dora das
administrativ
selbstständige Konzentrationslager Mittelbau und damit
den übrigen Hauptlagern wie Buchenwald oder Sachsenhausen
gleichgestellt.
Jeder Dritte der über 60.000 KZ-Häftlinge im
Lagerkomplex überlebte die mörderischen Arbeits- und Lebensbedingungen
nicht.
Von 1937 bis 1945 wurden im Rüstungszentrum Mittelwerk Dora
und ab 1943 im Konzentrationslager Mittelbau unterirdisch die V2-Waffe
produziert."

Mit solchen Waggons wurden die Gefangenen transportiert.

Im Eingangsbereich steht dieses Denkmal für die KZ-Todesmärsche.
Ein
solcher Todesmarsch von Dora endete ja in Gardelegen

Der Nachbau einer Lagerbaracke.

Das ist der Eingang in den Mahnmal-Bereich.

Noch ein Nachbau einer Baracke, allerdings der des Wachpersonals.

Das
sind die Fundamente des Lager-Gefängnisses.

Der Ausgang aus dem Gefängnis führte meist in diese Ecke, den
Exekutionsplatz.

Hier lag die Küche. Im Hintergrund der Appellplatz.

Dieses Foto zeigte damals die Küche.

Der Überrest einer Schmalspurbahn für Materialtransporte im Lager.

In diesem Unterstand wachte das Lagerpersonal über die Insassen.

Diese Effektenkammer wahrte die Habseligkeiten (Kleidung usw.) der
Gefangenen auf, die sie am Eingang aufgeben mussten.

So fanden die Befreier die Baracken vor. Wer noch lebte, versammelte
sich draußen bei den Befreiern!

Das Krematorium, das am Ende überfordert war. Deshalb wurden viele
Leichen auf Scheiterhaufen verbrannt.

Hier wurde die Asche entsorgt und später ein Massengrab daraus gemacht.

Das Denkmal vor dem Krematorium.

Ich bin ja nicht religiös, aber dieser tote Baumstamm beim Krematorium
zeigt, dass Totes Basis für neues Leben ist.

Das also ist der Eingang zum Stollen B.. Normalerweise gehören diese
Stollen zum Programm für Besucher, wenn heute nicht gerade Montag und
damit Ruhetag wäre. Also ist das Gelände frei, aber Museum und
Führungen gibt es nicht.
Mangels Möglichkeiten muss ich auf Bilder
aus dem Internet zurückgreifen:

Diese Fotos zeigen die fluchtartig verlassenen Stollen.
Ab 1944 wurde die A4 in Stollen des Mittelbaus Dora gefertigt.
Im Schnitt waren etwa 4.000 Häftlinge des
KZ Mittelbau unter Aufsicht von ungefähr 3.000 Zivilangestellten mit dem
Zusammenbau beschäftigt"
"Insgesamt wurden 60.000 Häftlinge in
den KZ-Komplex Mittelbau-Dora (inkl. Außenlager) verschleppt und fast 90
Prozent von diesen als Berg- und
Bauarbeiter ausgebeutet. 16.000 bis
20.000 KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter, die meisten zwanzig- bis
vierzigjährig, starben nach Schätzungen
zwischen September 1943 und
April 1945 im Lagerkomplex Mittelbau-Dora sowie auf Liquidations- oder
sogenannten Evakuierungstransporten.
Unter den Opfern befanden sich
allerdings auch etwa 1.300 in der Boelcke-Kaserne Zurückgelassene, die
größtenteils durch zwei britische Luftangriffe
am 3. und 4. April 1945
auf Nordhausen getötet worden waren.
Etwa 8.000 Menschen verloren
ihr Leben durch den Einsatz der Waffe, die meistens im Raum London und
Antwerpen einschlug."
Was aus der Sicht der Aggressoren Vergeltung
für die unverschämte Gegenwehr sein sollte! Wer sieht da Parallelen zu
Ras
Putin?

Diese Stollen waren also die Produktionsstätten der Raketen und
gleichzeitig der Wohnort der KZ-Arbeiter.
Eine Belüftung wie im
Bergwerk gab es nicht!
Quelle der
Stollenfotos

Der Eingang zu Stollen A wurde gesprengt.

Die Zufahrt zu Stollen A.

Gestartet wurden die Raketen dann in
Peenemünde auf Usedom.
Eine "V 2 Rakete" in Peenemünde
In Ermangelung technischer Kenntnisse
noch auf diesen Schlitten.

Auf diesem
Gestell war die Rakete montiert und durch den Tunnel wurde sie geführt,
bis ihr Tempo zum Flug reichte.
Später hat der Konstrukteur Wernher
von Braun die Starttechnik in Cape Canaveral verbessert.

Zum Schluss noch etwas Entspannung gefällig? Auch das bietet
Nordhausen. Das ist das Flüsschen Salza, es beginnt in einem solchen
See.

Für ein kleines Flüsschen
ein ziemlich breiter Start.

Auf einer Tafel am See hab ich diesen geologischen Querschnitt in die
Landschaft hier entnommen.
Man erkennt, dass hier eine geologische
Störzone vorliegt, an der sich die Gesteinsschichten verschoben haben.
Kalstein (Dolomit) und Gips liegen hier dicht unter der Oberfläche.
Grundwasser aus dem Sandstein (links) kann hier durch die porösen Steine
fließen und treten an der Oberfläche aus. Die Quellen reagieren deshalb
etwa mit einem Monat Verspätung auf Regenfälle.
"Nordhausen liegt im Nordthüringer Hügelland, welches durchweg aus
Buntsandstein (an der Oberfläche und darunter Gipsschichten besteht).
Die beckenartige Hügellandschaft wird überwiegend landwirtschaftlich
genutzt. In den Tälern gibt es Ablagerungen von Löss und anderem
Lockergestein und durch unterirdische Auslaugungen zahlreiche Erdfälle
(Dolinen)." Der letzte große
Erdfall mit Gebäudeteilen fand am 19. Februar 2016 statt

Hier erkennt man an der Wasseroberfläche, trotz Windstille und kaum
erkennbarer Strömung, Wellen, die nur aus dem Untergrund kommen können.
Hier steigt Wasser auf!
"Die Salza entspringt dem Salzaspring, der
größten Karstquelle Thüringens
Die durchschnittliche Schüttung der
Hauptquelle liegt bei 400 Liter pro Sekunde. Mit allen Nebenquellen, wie
auch dem sogenannten
Grundlosen Loch beträgt die Gesamtschüttung der
Karstquellen 704 Liter pro Sekunde (213–1435 l/s).
Die maximale
Tiefe der Salza beträgt 70 Zentimeter, der Sulfatgehalt liegt bei 800 mg/l.

Aus
Zeitgründen hab ich auf das Suchen grundlos verzichtet und bediene mich
bei Wikipedia.
In unmittelbarer Nähe der Quelle des Salza-Baches
befindet sich das „Grundlose Loch“. An jener Stelle soll
einst ein großer Mühlenbesitz gestanden
haben. Der
Müller war ebenso mit Geld und Gut gesegnet wie von
bösem Geist besessen. Bei ihm klopfte eines Tages ein
umherziehender,
von Almosen gutherziger Leute
lebender, fast blinder Wandersmann an und bettelte um einen Kanten Brot
mit etwas geringer Zukost, um den
schlimmsten
Hunger zu stillen. Mit heimlich hämischem Grinsen tat
der reiche Mühlenbesitzer, als wolle er dem alten Mann
gnädig sein und wickelte
ihm zwei Brotscheiben in ein
Leinentuch, zwischen die er Kot gestrichen hatte. Der
Bettler bedankte sich und trollte seines Weges, um seine
Mahlzeit an einem geruhsamen schattigen Platz zu
verzehren. Als er beim ersten Bissen die ekelhafte
Schändlichkeit des reichen Herrn bemerkte,
stieß er bei
Gottvater und allen seinen Heiligen einen fürchterlichen
Fluch aus und verwünschte die Mühle mit allem, was
darinnen ist, unter die Erde.
Kaum waren seine Worte
über die Lippen gekommen, da tat sich die Erde auf und
der ganze Mühlenbesitz versank im heraufquellenden
Wasser.
Es entstand das Grundlose Loch."
"Ungefähr 8,5 Prozent des Salza-Quellwassers stammen im
Jahresdurchschnitt aus dem Grundlosen Loch.
Die
kreisrunde Quelle ist eine 3,5 Meter tiefe Einsturzdoline und hat eine
blau-grüne Farbe. Grundlos erscheint die Quelle nur.
Die durchschnittliche Temperatur des Quellwassers
beträgt 10,1°C. Deshalb ist die Salza auch im Winter eisfrei.
Nach 5,6
km Flusslauf mündet die Salza in die Helme, einen Nebenfluss der
Unstrut, um dann über die Saale in der Elbe zu landen.
Neben vielen kleinen, zum Teil nur zeitweilig
austretenden Karstquellen, gibt es im Südharzgebiet
drei große
Karstquellen mit folgenden Schüttungen:

1. Rhumequelle bei Pöhlde
146 Mill. Kubikmeter im Jahr (siehe Foto)
2. Salzaspring bei Nordhausen
22 Mill. Kubikmeter im Jahr
3. Salzquellen bei Förste 12 Mill.
Kubikmeter im Jahr (kein Bild vorhanden)
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