Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Speegel



Es war einmal ein friedlicher Ort namens Kneitlingen, der vor Braunschweigs Toren am Elm lag. Links liegt Ampleben, das spielt auch noch eine wichtige Rolle.
Beide Orte gehören zu Wolfenbüttels Ort Schöppenstedt. Hier soll 1290 oder 1300 ein gewisser Till Ulnspegel das Licht der Welt erblickt haben.
Seine Eltern sollen Klaus und Anne Wiebke Ulnspegel, Bauern in Kneitlingen, gewesen sein.



In Kneitlingen gibt es noch heute Bauernhöfe. Tills Mutter soll als Witwe 1350 im Braunschweiger Stadtteil Sack als wohnhaft registriert gewesen sein.

Den Namen hat jeder schon mal auf Hochdeutsch gehört: Till Eulenspiegel!
Ein gewisser Herman Bote (1467-1520) hat als Chronist die Erlebnisse des Schelms für die Nachwelt erhalten. Aber was weiß man über diese Person?
Ganz sicher sind nicht alle bekannten Scherze tatsächlich nur einer Person zuzuordnen, aber einen Till Eulenspiegel soll es also wirklich gegeben haben.
Dieser Junge soll in Kneitlingen am Elm geboren und im Nachbardorf Ampleben auf den Vornamen seines Paten Till von Uetze getauft worden sein.



Der Pate war Raubritter. Sein Schloss wurde später von sich wehrenden Nachbarn zerstört.
Deshalb gibt es in Ampleben nur das Schild zum Taufweg, das allerdings besser erhalten ist als in Kneitlingen.,
Schon Tills Taufe war unüblich. Denn nach reichlich Biergenuss bei der Tauffeier rutschte die Amme auf dem Rückweg aus und fiel vom Steg in einen kleinen Bach.
Dieser Bach trug später den Namen "Eulenspiegel-Spring", bevor er trocken gelegt wurde.
Zu Hause musste der Junge deshalb noch einmal gebadet werden. Er wurde also gleich dreimal getauft. Wurde so sein Schicksal festgelegt?

"Der Eulenspiegel-Forscher Bernd Ulrich Hucker fand in einem Braunschweiger Urkundenbuch einen Beleg, dass 1339 ein Thile van Cletlinge (Kneitlingen) mit vier anderen
Angehörigen des niederen Adels aus dem Harzvorland wegen Straßenraubes inhaftiert war.
Eine Abbildung in einer der ersten erhaltenen Ausgaben des Eulenspiegel von Bote (1515) zeigt ihn bereits mit Spiegel und Eule in Händen, spätere Varianten seiner
Geschichten lassen ihn seine Streiche mit diesen Symbolen signieren oder dichten ihm diese auf den Grabstein."
Nur die Narrenkappe wurde ihm später angedichtet.

  

"Eule und Spiegel haben jeweils eine alte Tradition und wurden entsprechend gedeutet. (Diese Schnitzereien stammen aus Bernburg)
Seit der griechischen Antike gibt es die Tradition des Spiegels (Laienspiegel, Schwabenspiegel und andere) zum Zweck der Selbsterkenntnis
sowie zum Abgleich von Soll- und Ist-Zustand.
Eulenspiegels Verhalten, Redensarten wörtlich zu nehmen, greift diesen Gedanken deutlich auf. Ferner ist der Spiegel auch ein Narrenattribut.
Die Eule galt im alten Griechenland als Vogel der Weisheit, im Mittelalter jedoch als Vogel des Teufels.
Neben der Symbolik von Eule und Spiegel jeweils allein liegen zudem ein oder auch mehrere Wortspiele vor.
Der Till Eulenspiegel zugeschriebene Ausspruch „ick bin ulen spegel“ soll soviel bedeuten wie „Ich bin euer Spiegel“, also „Ich halte euch den Spiegel vor.“
(Wesentlich derber ist eine mittlerweile nicht mehr geläufige Assoziation: Das mittelniederdeutsche Wort ulen bedeutet auch „wischen“, und das Wort spegel hat auch die
Bedeutung Gesäß (noch heute wird in der Jägersprache das helle Fell am Hinterteil von Reh und Hirsch „Spiegel“ genannt)."
Der Ausruf Ul’n spegel bedeute also „Wisch mir’n Hintern“, vulgo „Leck mich am Arsch“ (Götzzitat).)" Wenn der Name zur Verpflichtung wird.....



In Kneitlingen gibt es keine Zweifel, ob die Überlieferung stimmt. Neben der Eulenspiegelhalle steht der Eulenspiegel-Krug.



Und vor der um 1200 erbauten romanischen St. Nicolai-Kirche liegt der Eulenspiegelplatz.

 

Inschrift: Hier kam zur Welt Till Eulenspiegel: Narr, Schalk, Weiser, ein Mensch.

  

An einem Gedenkstein befinden sich diese beiden Plaketten.
Die linke ist vom Eulenspiegel-Freundeskreis Mölln-Schöppenstedt.                                    Die rechte stellt alle Orte seiner Taten dar: Hic fuit. (Hier geschah es)



Davor steht ein brunnenähnlicher Steín mit einem Kindskopf. Till?



Es liegt auf der Hand, dass es einen solchen Freigeist in die benachbarte Stadt zog. Also jobbte er sich zuerst durchs benachbarte Braunschweig.
Beim heutigen Bäckerklint fand er einen Bäcker, der ihn alleine arbeiten ließ, dummerweise mit der genervten Antwort, er solle Eulen und Meerkatzen backen.
Das tat er dann auch. Im Gedenken an diesen Streich errichtete man am Bäckerklint den Eulenspiegelbrunnen, heute steht er direkt vor einem Café.
Wahrscheinlich stand die Werkstatt aber in der angrenzenden Breiten Straße.
Aber Eulen und Meerkatzen gibt es da nicht. Diese Idee hat jetzt das Tourist-Office übernommen.



Am Kohlmarkt steht ein Fachwerkhaus mit dieser Inschrift. Eulenspiegel war bald stadtbekannt.
Als er seine Stiefel zum "Spicken" (=Wachsen) abgab, spickte der Schuster seine Stiefel mit Speckstreifen.
Till lobte die Arbeit, kehrte aber noch einmal zurück. Dazu schritt er durch das geschlossene Fenster, weil er wissen wollte, welche Specksorte (Eber oder Sau?)
der Meister verwendet hat. Beim Abgang riss Till noch das Fenster aus dem Rahmen.



Bildlich finden wir eine weitere Darstellung des Narren mit dem Hinweis „Hic fuit“ am Rathaus auf der Seite zum Platz der Deutschen Einheit, (roter Strich).
Sie ist nun unterhalb des Söllerfensters angebracht, hinter dem sich einmal das Arbeitszimmer des Oberbürgermeisters befand.
Ein Schelm, wer Arges dabei denkt… Quelle



Neben dem Narren mit einem Spiegel finden sich die Ortsnamen, an denen er Streiche verübt haben soll.
Diese Tafel wurde gestaltet von Professor Jürgen Weber. Und sie erinnert mich an die in Kneitlingen.

   
Mir fielen diese Türdrücker auf.
Links ist die Abbildung eindeutig,                                        rechts ist der Drücker den Gerbern gewidmet. Einem Mitglied dieser Gilde hat
                                                                                   Till übel mitgespielt, indem er den Heizkessel mit den Holz-Möbeln betrieb



Wolfenbüttel wirbt am Schloss mit dieser Plakette, die auf Eulenspiegels Besuch hinweisen soll. Vielleicht, weil Kneitlingen zu Wolfenbüttel gehört?



Mehr Details weiß man über seinen Aufenthalt in Magdeburg.
"Der Sage nach soll der weithin als Schalk längst bekannte Eulenspiegel bei einem Aufenthalt in der Stadt aufgefordert worden sein, etwas Seltsames zu treiben.
Er habe daraufhin angekündigt, von der Laube des Rathauses zu fliegen. Es sollen sich dann viele Bürger Magdeburgs auf dem Alten Markt versammelt haben,
um ihn fliegen zu sehen. Till Eulenspiegel stand dann auf der Laube und machte, unter großem Staunen der Anwesenden, mit den Armen Flugbewegungen.
Er brach die Bemühungen lachend ab und sagt: „Ich glaubte, es wäre kein größerer Narr in der Welt als ich; nun sehe ich wohl, daß hier beinahe die ganze Stadt voll
Narren ist; denn ob ihr auch alle sagtet, ihr könntet fliegen, so glaubte ich es doch nicht. Ich bin ja weder eine Gans noch ein Vogel,
dazu habe ich weder Flügel noch Federn, ohne welche niemand fliegen kann; da seht ihr nun offenbar, daß es erlogen ist.“" Quelle

Ebenfalls in Magdeburg soll Till einen hochnäsigen Leibarzt mit Abführmittel hereingelegt haben. Die ganze Geschichte kann hier nachgelesen werden!



Bernburg ist wohl - neben der "Eulenspiegelstadt Mölln" - die Stadt mit dem größten Bezug auf Till Eulenspiegel.
Hier im heute Eulenspiegelturm genannten Bergfried soll Till die entdeckten Raubritter nicht angeblasen haben, weil er gefürchtet haben will, noch mehr herbeizulocken.
Später soll er Räuber falsch angeblasen haben, um an die gedeckte Tafel zu gelangen.



Auch in Bernburg sorgte er dafür, dass der Wind Schneidergesellen vom Fensterbrett geweht haben soll. Wer hatte bloß die Stützbalken angesägt?
Deshalb steht beim Schloss diese Figur.



Diese Apotheke benannte sich nach ihm.



In Stendal soll er dem Rat der Stadt angeboten haben, den Roland auf dem Marktplatz zu verlängern. Er Erhielt aber keinen Zuschlag.
Deshalb verbreitete er, dass der Rat den Roland nicht länger haben wolle. Das führte fast zu einem Aufstand in der Stadt.
Bis ein Ratsmitglied auf ein Plakat schrieb: "Wir wollen den Roland nicht länger haben, er ist lang genug!" Das beruhigte die Lage sehr.
Zur Mahnung wurde eine Plakette mit Eulenspiegel auf der Rückseite der Statue angebracht.



"Mehrere Quellen berichten, dass sein Vagabundenleben den Schelm eines Tages in die alte Hansestadt Lübeck führte.
Er wollte redlich bleiben, denn hier galt strenges Recht. Es arbeitete zu dieser Zeit ein stolzer und hochmütiger Weinzäpfer im Ratskeller, den die Menschen
fürchteten. Der behauptete von sich, niemand sei so klug wie er. Und er wolle den Mann sehen, der ihn betrügen könne. Das ließ Till Eulenspiegel nicht ruhen.
Er ging mit zwei Kannen - eine mit Wasser gefüllt, die andere leer - in den Keller. Dort verlangte er Wein.
Das Weingefäß verbarg er unter seinem Rock, die Wasserkanne hielt er offen. Dann fragte er den Weinzäpfer, was der Rebensaft koste.
Dieser nannte ihm den Preis von zehn Pfennigen. Till antwortete, er habe nur sechs. Der Zäpfer goss voller Zorn das Wasser zurück, im Glauben, es sei der Wein.
Ein wenig verspottete Till Eulenspiegel seinen Widersacher noch, danach verließ er den Ratskeller - mit dem kostbaren Nass unter dem Rock.

Um Haaresbreite - warum dieser Streich fast sein letzter wurde
Der Weinzäpfer dachte erbost über Tills Hohn nach. Schließlich verfolgte er ihn gemeinsam mit einem Stadtwächter.
Sie fanden die Kanne Wein bei ihm und beschuldigten ihn des Diebstahls. Das Gericht verurteilte ihn zum Tode durch Erhängen.
Während seiner Fahrt zum Galgen vor der Stadt sann er auf einen Ausweg. Er erbat sich einen letzten Wunsch, was ihm die Ratsherren gewährten,
ohne das Anliegen zu kennen. Till Eulenspiegel forderte, der Weinzäpfer und der Henker sollten ihm nach der Hinrichtung den nackten Hintern küssen.
Das empörte die Herren sehr. Daraufhin begnadigten sie den schlauen Eulenspiegel. Er verließ Lübeck und ward nicht mehr gesehen." Quelle




In Mölln erhält ein Brunnen das Gedenken an den Narren.



Da sitzt also seine Statue am Markt in Mölln.
Woran erkennt man, welche Berührungen Glück bringen sollen?



"Laut der gereimten mittelniederdeutschen Inschrift (Diesen Stein soll niemand erhaben, Hie staht Ulenspiegel begraben, Anno Domini MCCCL) auf einem
Gedenkstein aus der Mitte des 16. Jahrhunderts starb Till Eulenspiegel im Jahr 1350 in Mölln.
Am Westportal der Kirche St. Nikolai wurde ihm zu Ehren jedoch ein eingemauerter Gedenkstein errichtet, der die Figur Till Eulenspiegel zusammen mit einer Eule zeigt.
Es wird jedoch bezweifelt, dass es sich hierbei um ein Grab handelt, da der Stein aller Wahrscheinlichkeit nach erst um das Jahr 1530 angebracht wurde.
Am Westportal der Nikolai Kirche in Mölln wurde deshalb ein Gedenkstein eingemauert. Der Überlieferung nach soll nämlich Till Eulenspiegel senkrecht begraben worden sein,
denn bei der Beerdigung stürzte der Sarg ins Grab und bieb senkrecht stehen." Dass es sich tatsächlich um sein Grab handelt, wird aber angezweifelt.
Denn nur Stadtbewohner kamen auf die Friedhöfe, Reisende wurden dagegen auf einem Acker verscharrt. Zumal Till an der Pest gestorben sein soll.
Till blieb seinem Wesen auch nach seinem Tode treu. Er vermachte in seinem Testament dem Rat der Stadt und dem Pfarrer eine Kiste,
die sie erst 4 Wochen nach seinem Tod öffnen sollten und die sie dann steinreich machen solle. Die Kiste enthielt aber nur Steine!
Unter den Erbnehmern brach ein Streit aus, wer den erwarteten Schatz heimlich gegen Steine ausgetauscht habe.
Auch hier steckte wohl eine List da hinter: Denn er verfügte, dass die Erbnehmer für ihn eine christliche Beerdigung organisierten, die dann wirklich auf dem
städtischen Friedhof stattfinden musste. Als man ihn nach 4 Wochen umbetten wollte, war aber der Verwesungsgeruch so penetrant, dass man davon Abstand nahm.

"Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28, TrV 171 ist eine Tondichtung für großes Orchester von Richard Strauss. Das Werk des damals erst 30-jährigen Komponisten
zählt heutzutage zu den beliebtesten und meistgespielten Orchesterwerken überhaupt. Die Spieldauer beträgt circa 15 Minuten."
Ich verzichte auf das Vorspielen dieses Werkes.



Welchen Wert der Schelm für Braunschweig besaß, konnte man 1921 ermessen, als die Stadt Notgeld im Wert von 25 Pfennig herausgab. Quelle


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